Schuldenkrise und Inflationsgefahr haben die Menschen tief verunsichert. In Immobilien sehen viele nun das optimale Instrument, um ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Doch Anleger sollten sich der Risiken bewusst sein und vor einem Kauf alles ganz genau prüfen.
Der Wohnungsmarkt boomt. In der Hoffnung auf eine solide und zukunftsfeste Investition mag so mancher die mit dem Kauf verbundenen Risiken verdrängen. Die Immobilienofferten lassen sich leicht schön rechnen, die Kreditzinsen sind günstig.
Doch wer sich ein Haus oder eine Wohnung kauft, legt sein Geld langfristig fest. Niemand sollte sich deshalb von der allgemeinen Nervosität anstecken lassen und übereilt handeln. Der Kauf einer Immobilie ist meist von großer Tragweite für das gesamte weitere Leben. Umso wichtiger ist es, in Ruhe alle Aspekte zu durchdenken, um zu wissen: Ist das die richtige Entscheidung für mich.
Preisentwicklung ist keine Einbahnstraße
Die Preise sind rasant gestiegen. Selbst wenn man von einer weiterhin positiven Entwicklung ausgeht, lässt sich bei einer selbstgenutzten Immobilie die Wertsteigerung eben nicht wie Rahm auf der Buttermilch abschöpfen. Wer nicht verkauft, kann sich zwar freuen, hat aber nichts davon.
Mieten kann man nicht beliebig anpassen. Zudem sind die Preise in guten Lagen bereits sehr hoch. Lässt sich aktuell eine Nettokaltmiete von 850 Euro im Monat erzielen, beträgt ein Kaufpreis von 250.000 Euro rund das 25fache der jährlichen Einkünfte aus der Immobilie (in Top-Lagen ist das Verhältnis oft noch erheblich ungünstiger). Der Kredit muss getilgt, in Instandhaltung und so weiter investiert werden. Das finde ich nicht mehr rentabel – vor allem auch angesichts der langfristigen Bindung an diese Investition. Denn:
Immobilien lassen sich nicht mal eben verkaufen, wenn man Geld braucht. Wer es eilig hat, muss mit einem Abschlag rechnen oder wird das Objekt nicht los – ein Kredit muss jedoch weiter vollständig bedient werden. Samt Zinslast. Nach einem Verkauf kann man der Bank auch nicht einfach die ausstehende Summe überweisen. Wer einen Kredit vor der Zeit ablösen will, zahlt eine Vorfälligkeitsentschädigung – was teuer werden kann.
Und schließlich gibt es keine Garantie, dass die Marktlage so günstig bleibt und Nachfrage und Preise nicht wieder zurückgehen. Dann endet die Sache womöglich mit einem schmerzhaften Verlust, der viele Jahre lang abzutragen ist.
Ebenfalls zu bedenken: Es ist unwahrscheinlich, dass die Zinsen dauerhaft so tief bleiben wie derzeit. Für eine Anschlussfinanzierung nach Ende der Zinsbindungsfrist können unter Umständen deutlich höhere Sätze verlangt werden.
Erstes Fazit: Privatleute können sich mit einem Immobilienkauf gefährlich übernehmen.
Das Leben ändert sich
Nehmen wir an, Sie kaufen, um selbst einzuziehen. Ist die Wohnung einmal abbezahlt, wohnen Sie mietfrei. Das vergrößert gerade auch im Alter den finanziellen Spielraum. Stimmt – wenn Sie dann tatsächlich noch dort wohnen.
Doch das Leben ist voller Veränderungen – auch wenn wir heute nicht daran denken. Sie gründen eine Familie, bekommen Kinder – der Platz reicht nicht mehr. Das Haus ist auf die Familie zugeschnitten – doch die Ehe hält nicht. Sie ziehen berufsbedingt um. Oder Sie verlieren den Arbeitsplatz. Da wäre es gut, schuldenfrei, flexibel und mobil zu sein. Ansonsten kann sich, ehe man sich versieht, die schöne Altersvorsorge in eine schwere Last verwandeln.
Zweites Fazit: Eine Immobilie kann zum Klotz am Bein werden.
Ja, aber die Krise...
Die Aktienkurse schwanken seit Jahren immer heftiger, und die Zinsen für Rentenanlagen bester Bonität liegen weit unter der Inflationsrate. Auch wenn der Marktwert sich ändert, haben Sie mit einer Immobilie Ihre Kapitalsubstanz gesichert. Das kann Ihnen keiner wegnehmen.
Dieser Gedanke ist verständlich. Angesichts der Staatschuldenkrise sollte man allerdings nicht auf diese Hoffnung bauen. Ein Blick über die Landesgrenzen, aber auch in die jüngere Vergangenheit Deutschlands zeigt, dass der Staat die Häuslebauer nicht schont, wenn er dringend Geld braucht.
1948 etwa wurden Zwangshypotheken eingeführt, um Immobilieneigentümer im Zusammenhang mit der Währungsreform nicht besser zu stellen als andere Bürger. Manche halten die Einführung vergleichbarer Folterwerkzeuge und Sondersteuern in den nächsten Jahren für realistisch – unter dem Begriff „Finanzielle Repression“ wird darüber bereits in Fachkreisen spekuliert.
Drittes Fazit: Wer sich vor einer Eskalation der Krise schützen will, sollte sich nicht blind auf einen vermeintlichen Rettungsring verlassen. Und vor allem nicht alles auf eine Karte setzen.
Ich möchte niemandem den Traum vom Eigenheim zerstören – rate aber dazu, auch in der aktuellen Situation einen kühlen Kopf zu bewahren. Wägen Sie das Für und Wider einer solchen Entscheidung gründlich ab und prüfen Sie genau, ob ein Immobilienkauf zu Ihrem Lebensplan passt und ob das Objekt wirklich eine lohnende Investition ist. Lautet die Antwort „Nein“, so gibt es sinnvolle Anlagealternativen. Im Rahmen einer vernünftigen Streuung sind Sachwertportfolien grundsätzlich ein guter Krisenschutz.
1. Ihr Leben
Bedenken Sie Ihre Lebensplanung: Familie, Kinder, Beruf ... was kann sich ändern – und wie sehen Ihre Bedürfnisse dann aus? Wichtig ist, dass Sie jederzeit handlungsfähig und mobil sind. Prüfen Sie deshalb auch dann alle Aspekte zum Thema Vermietung, wenn Sie selbst einziehen wollen.
Nicht alles auf eine Karte setzen: Achten Sie auf das Gleichgewicht in Ihrer persönlichen Vermögensstruktur. Neben Ihrer Immobilie – egal ob eigen- oder fremd genutzt – brauchen Sie sowohl rasch liquidierbare Anlagen in Form von Tagesgeld, Aktien und Anleihen als auch eine langfristig aufgesetzte Altersvorsorge.
2. Kalkulieren Sie realistisch: Können Sie sich den Immobilienkauf wirklich leisten?
Die finanzielle Belastung besteht nicht nur aus Kreditsumme und Zins. Kalkulieren Sie konservativ und planen Sie eine Sicherheitsmarge ein. Wie verlässlich ist Ihr Einkommen?
Setzen Sie nicht einfach auf eine Wertsteigerung und berücksichtigen Sie zusätzliche Kosten für Reparaturen. Bedenken Sie, dass für die Instandhaltung der Immobilie regelmäßig Geld zurückgelegt werden muss.
Überlegen Sie bei einem Mietobjekt: Können Sie Mietausfälle bei Leerstand oder Problemen verkraften? Streitigkeiten mit Mietern enden nicht selten vor Gericht, sind teuer und können sich lang hinziehen.
Überschätzen Sie nicht die Steuervorteile und bedenken Sie, dass sich diese bei einer Änderung Ihres Einkommens reduzieren können. Und: Mieteinnahmen unterliegen der Steuerpflicht!
3. Das Objekt
Lage, Lage, Lage: Wie sehen die ökonomischen Rahmenbedingungen aus, die Infrastruktur aus Läden, Arbeitsplätzen und Freizeiteinrichtungen, das Stadt- und Straßenbild, die Verkehrsanbindung, die Nähe zu Erholungsmöglichkeiten? Wie hoch ist der Lärmpegel – und sind Veränderungen, neue Belastungen abzusehen? Danach richten sich die Vermietbarkeit und mithin die Höhe der erzielbaren Miete wie auch der Wiederverkaufswert. Angesichts des aktuellen Preisniveaus bedeuten schon 1b-Lagen ein erhöhtes Risiko.
Die richtige Immobilie: Die Immobilie sollte für möglichst viele Mietinteressenten infrage kommen. Ein Liebhaberobjekt ist möglicherweise sehr chic, aber schwer zu vermieten. Die Räume sollten nicht zu klein sein, Durchgangszimmer sind ein Nachteil. 1-Zimmer-Apartments sind unattraktiv. Auch Singles erwarten mehr Platz, zudem gibt es ein großes Angebot an kleinen Apartments, was die Preise drückt. Besser sind gut geschnittene 2- oder 3-Zimmer-Wohnungen, besonders interessant senioren- und behindertengerechte Objekte.
Stehen der Kaufpreis und die zu erzielende Miete in einem vernünftigen Verhältnis? Lässt sich wirklich eine Rendite über den Finanzierungskosten erzielen? Sind realistische Instandhaltungs- und Verwaltungskosten beachtet worden?
Miete und Nebenkosten müssen in einem günstigen Verhältnis stehen. Je höher die Nebenkosten, desto schwerer ist eine Wohnung in der Regel vermietbar. Die nicht umlagefähigen Nebenkosten können mehr als 30 % zzgl. Zins und Tilgung auffressen!
Keine Eile! In bestimmten Regionen, etwa im Raum München, ist die Nachfrage extrem hoch. Dennoch gilt: Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen und prüfen Sie das Objekt genau. Wenn Sie etwa erst nach dem Notartermin erfahren, dass die Eigentümergemeinschaft seit Jahren über die Sanierung der maroden Heizung streitet, ist es zu spät.